Verkauft den Sonntag nicht!
Sonntagsöffnungen und Ladenschlussregelungen sind aktuell nicht nur in Bayern umkämpft. Eine Reihe Bundesländer haben durch die vermeindlichen Verlockungen der Smart Stores für ländliche Gebiete (vgl unseren Bericht zu den ersten Schließungen auf dem Land in Hessen) das Thema des Sonntagsschutzes wieder aufgegriffen. Nun drohen gesetzliche Lockerungen, die nicht nur den Sonntagsschutz aushöhlen, sondern vor allem auch die Augen davor verschließen, wie wichtig ein gemeinsames Wochenende und gemeinsam verfügbare Zeit für eine zunehmend polarisierte Gesellschaft ist. So auch in Thüringen, wie wir von der Sozialministerin auf der Zeitkonferenz der Ev Akademie in Neudietendorf erführen. Dort wird der Ladenschluss als politische Kröte der neuen Koalition geopfert.
Der Bayerische Ministerrat hat am 25. März 2025 ein neues Ladenschlussgesetz verabschiedet. Eine noch wenig beachtete Neuerung ist der 24/7‑Betrieb von „Personallosen Kleinstsupermärkten“. Die bayrische Sonntagsallianz warnt vor den zu erwartenden Folgen, sollte diese Regelung in Kraft gesetzt werden. Der Bayerische Landtag wird nun am 01. April über den Gesetzentwurf beraten. Daher im Folgenden die Informationen der bayrischen Allianz:
Bayern plant die Abschaffung des Ladenschlusses für „digitale” Supermärkte. Dadurch drohen:
- Zusätzliche Sonntagsarbeit – Schon heute kann beobachtet werden, dass selbst in kleinen Smart Stores immer wieder Sonntagsarbeit anfällt. „Personallose Kleinstsupermärkte“ wie teo, Rewe Nahkauf Box, Tante M oder Tante Enso sind nämlich gar nicht personallos. Sie haben zwar automatisierte Kassen (i.d.R. Scannerkassen zum Selbstscannen), aber die Warenkommissionierung, das Ein- und Aufräumen, die Reinigung, technische Notfälle oder die Security benötigen menschliche Arbeitskraft. Gerade nach einer Samstagnacht kann man beobachten, dass sonntags Läden mitunter chaotisch aussehen und bis zum Nachmittag wie von Zauberhand wieder aufgeräumt werden. Je größer die Geschäfte werden, desto schlechter lässt sich „Personallosigkeit“ durchhalten. Die Staatsregierung will die zulässige Verkaufsfläche nun von 100 auf 150 m² erhöhen. Zugleich deutet sie schon heute an, künftig noch größere Flächen für 24/7‑Shopping zuzulassen.
- Wettbewerbsverzerrung – Die Leute kaufen nicht mehr Lebensmittel ein, nur weil es längere Öffnungszeiten gibt. Der Umsatz, den die neuen „Smart“ Stores nachts oder am Sonntag machen, fehlt anderswo. Ein Bäcker, eine Metzgerin oder oder ein Lebensmittelgeschäft, in deren Nachbarschaft ein 24/7‑Laden aufmacht, wird wenig begeistert sein von der unfairen Konkurrenz. Es geht bei der Regelung auch nicht allein um den ländlichen Bereich, in dem Nahversorger rar sind. Die 24/7‑Geschäfte kommen natürlich auch in die Städte, wo die Umsätze höher sind, und werden besonders hier den Wettbewerb verzerren. Hinzu kommt: Der Gesetzentwurf sieht keine Beschränkung des Sortiments vor und erlaubt auch noch „hybride“ Verkaufskonzepte. Nicht nur kleine Läden auf dem Lande, nein, jegliches Einzelhandelsgeschäft in Bayern kann künftig eine „digitale“ Verkaufsfläche von 150 m² an Sonn- und Feiertagen öffnen.
- Verlust von Arbeitsplätzen – Verlierer der neuen Regelung sind Läden, die Verkaufspersonal beschäftigen und weder 24/7 öffnen dürfen, wollten, noch könnten. Die Bevorzugung personalarmer Geschäftsmodelle kann mittelfristig zu einem Strukturwandel im Handel führen – und zu Arbeitsplatzverlusten.
- Die Abkehr vom Schutz der Sonn- und Feiertage im Freistaat – Bislang vertrat die Staatsregierung zurecht die Auffassung, dass digitale Supermärkte sonn- und feiertags geschlossen bleiben müssen. Nur als besondere Ausnahme sollte der Sonntagsbetrieb von einer Kommune gestattet werden dürfen. Künftig können selbst Kommunen, die ihre Sonn- und Feiertagsruhe schützen möchten, den Sonntagsbetrieb dieser Geschäfte nicht mehr verhindern, sondern bestenfalls auf acht Stunden reduzieren. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Geringschätzung der Sonntagsruhe spiegelt sich im neuen Ladenschlussgesetz auch in den Regelungen für Ausflugsorte (praktisch jede Kommune darf sich künftig selbst zum Ausflugsort ernennen und bestimmte Sortimente an 40 Sonntagen im Jahr verkaufen lassen) und für verkaufssoffene Sonntage aus besonderen Anlässen (deren Rechtmäßigkeit künftig nur noch „vermutet“ statt überprüft werden soll). War der Sonntag in Bayern bislang vielleicht noch etwas heiliger als in manch anderem Bundesland, bekommt der Freistaat nun womöglich den schwächsten Sonntagsschutz von allen.
Wir fordern weiterhin: Sonntagsruhe auch für Smart Stores!

Weitere Beiträge und Nachrichten
Hier finden Sie Ihre Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei Kirchen, Gewerkschaften und Verbänden.
Wir informieren Sie regelmäßig über Aktionen, Kampagnen und Meinungen zum Thema Sontagsschutz. Hier finden Sie unsere letzten Pressemeldungen sowie weiterführende Materialien zum Download.