Sonntags-Impuls September / Oktober 

von Andreas Hamann / ver.di und Hannes Keller / KAB

Sonntagsallianz fragt vor der Wahl Bundestagsparteien:  “Wie haltet ihr es mit dem Sonntagsschutz?” 

 

Wie haltet ihr es mit dem arbeits­freien Sonntag, den der Handels­ver­band Deutsch­land (HDE) und andere Lobby­isten massiv angreifen? Dies wollte die Allianz für den freien Sonntag im Vorfeld der Bundes­tags­wahl von den dort aktuell vertre­tenen Parteien (ausge­nommen AfD) wissen. Die Antworten auf einen Fragen­ka­talog, den das Bündnis aus ver.di sowie katho­li­schen und evan­ge­li­schen Arbeitnehmer*innen-Organisationen über­mit­telt hatte, klaffen weit ausein­ander. 

So brachte die Frak­ti­ons­spitze der CDU/CSU einen einzigen Satz zu Papier: “Wir bekennen uns zum Schutz der christ­li­chen Feier­tage ebenso wie zur Sonn­tags­ruhe.” Doch der Wahr­heits­ge­halt  dieser Absichts­er­klä­rung aus dem gemein­samen Wahl­pro­gramm ist mehr als zwei­fel­haft. Schließ­lich ist es die NRW-Landes­re­gie­rung unter dem Kanz­ler­kan­di­daten Armin Laschet, die seit über drei Jahren versucht hat, auch über ein neues Gesetz mehr verkaufs­of­fene Sonn­tage ohne zwin­genden Sach­grund (z.B. ein großes Stadt­fest) durch­zu­setzen. Und die dabei schon mehr­fach von den Gerichten gestoppt wurde! Zuletzt als sie 2020 alle Advents­sonn­tage frei­geben wollte…

Auch die CSU atta­ckiert jetzt den Sonn­tags­schutz: In ihrem eigenen Wahl­pro­gramm fordert sie, den “Anlass­bezug” für Sonn­tags­öff­nungen abzu­schaffen, um so unab­hängig von prägenden Groß­ver­an­stal­tungen wie Märkten oder Messen die Geschäfte öffnen zu können. Dazu gesellt sich die FDP, die sich in ihrer Antwort an die Allianz für den freien Sonntag für mehr Verkaufs­sonn­tage ausspricht. 

Vor der Stimm­ab­gabe genau hinschauen

Zusammen mit ver.di haben die Katho­li­sche Arbeit­neh­mer­be­we­gung (KAB) und der Evan­ge­li­sche Verband Kirche Wirt­schaft Arbeits­welt (KWA) deshalb noch vor der Wahl vor einem neuen Angriff auf den im Grund­ge­setz garan­tierten Schutz des arbeits­freien Sonn­tags gewarnt. “Über 5,1 Millionen Handels­be­schäf­tigte werden genau hinschauen, welche Posi­tionen die Parteien bei dieser für sie zentralen Frage vertreten”, so Orhan Akman, für den Einzel- und Versand­handel zustän­diger Bundes­fach­grup­pen­leiter bei ver.di. 

Eine von Arbeit­ge­ber­ver­bänden, einzelnen Konzernen, der FDP und anderen Orga­ni­sa­tionen gefor­derte Grund­ge­setz­än­de­rung hat für die SPD die Bundes­tags­ab­ge­ord­nete Gabriele Hiller-Ohm abge­lehnt. Sie ist Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales und spricht sich unter anderem dagegen aus, dass mit einer Geset­zes­no­velle der für Sonn­tags­öff­nungen notwen­dige Anlass­bezug gekippt werden soll. Auch im nächsten Bundestag werde es für ein solches Ansinnen keine Unter­stüt­zung der SPD geben. 

Bündnis 90/Die Grünen verwei­gern einer solchen vom HDE gefor­derten Grund­ge­setz­än­de­rung eben­falls ihre Zustim­mung, wie sie gegen­über der Sonn­tags­al­lianz erklärten. “Wir Grüne halten am arbeits­freien Sonntag fest”, stellen sie fest. Eine Beschäf­ti­gung an Sonn- und Feier­tagen nur in Ausnah­me­fällen und in bestimmten Bran­chen, wie sie das Arbeits­zeit­ge­setz regelt, wird befür­wortet. Ebenso die Möglich­keit der Bundes­länder, durch Rechts­ver­ord­nungen Ausnahmen vom Sonn­tags­schutz vorzu­nehmen. 

Die Linke erteilt Forde­rungen nach Auswei­tung der Öffnungs­zeiten und anlass­losen Sonn­tags­öff­nungen eine klare Absage. “Was die Beschäf­tigten im Einzel­handel tatsäch­lich brau­chen, sind allge­mein­ver­bind­liche Tarif­ver­träge”, wird betont. Bei der Ausnah­me­ge­neh­mi­gung für Laden­öff­nungen am Sonntag sei ein “Bezug zu prägenden Anlässen (wie z.B. ein Fest oder eine Messe)” weiterhin unbe­dingt erfor­der­lich. Jede Locke­rung des Sonn­tags­schutzes heize nur den Verdrän­gungs­wett­be­werb weiter an und verschlech­tere die Arbeits­be­din­gungen – und damit auch das Leben – der Beschäf­tigten und wird von der Linken abge­lehnt. 

Andreas Hamann

 

Kurz vor der Wahl haben die SPD Partei­vor­sit­zenden ihre Posi­tio­nie­rung detail­liert der Allianz für den freien Sonntag mitge­teilt. “Es ist richtig und von hohem gesell­schaft­li­chen Wert, wenn die Menschen wenigs­tens einen Tag verläss­lich zusam­men­kommen können.” Sie teilen die Einschät­zung der Allianz, dass die Öffnung der Gesetze am Sonntag zu Wett­be­werbs­nach­teilen und damit zur Schwä­chung des Einzel­han­dels und zu zusätz­li­chen Belas­tungen für die Beschäf­tigten führen. Zur Bele­bung der Innen­städte sind zukunfts­ori­en­tierte Inno­va­tionen erfor­der­lich. “Aus diesen Gründen lehnt die SPD die Auswei­tung der Sonn­tags­ar­beit oder der Ausnahmen und erst recht eine Grund­ge­setz­än­de­rung ab.” Ein klares Bekenntnis zum Sonn­tags­schutz. 

Hannes Kreller

In regel­mä­ßigen Abständen finden Sie hier unsere Sonntags-Impulse

 

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