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Der März-Impuls
Eine Pause in der Fastenzeit
von Sebastian Alt, Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Diözesanverband Limburg e.V.
Die Fastenzeit ist nicht nur eine Zeit des Verzichts, sondern auch der Besinnung.
Es wird nur noch einige Tage dauern bis — mit dem Aschermittwoch — die Fastenzeit beginnt. Für Christinnen und Christen hat diese Zeit von jenem Tag bis zum Osterfest eine besondere Bedeutung. Sie bereitet auf das Osterfest vor und in Anlehnung an das Neue Testament fasten viele Gläubige 40 Tage bis zur Feier der Auferstehung. In modernen Zeiten hat die Fastenzeit für immer weniger Menschen eine religiöse Bedeutung. Dennoch nehmen sich viele zurück und üben Verzicht. Einige verzichten auf Fleisch, andere auf Süßigkeiten, wieder andere auf ausufernden Konsum.
Verzicht in Zeiten von Corona
Fraglich ist, ob in einer von der Pandemie geprägten Zeit das Fasten überhaupt einen Platz hat. Schließlich mussten wir alle in den vergangenen zwei Jahren auf vieles verzichten, ohne dass wir es wollten. Wir hatten keine Wahl, sondern durften uns nicht mit vielen Leuten treffen, wir durften nicht in das städtische Nachtleben, auf Sportveranstaltungen oder in das Kino gehen. Und selbst jetzt besteht oftmals keine wirkliche Lust auf diese Dinge, denn die Angst vor der Ansteckung und die Maßnahmen in Verbindung mit der Pandemie lassen den abendlichen Kino-Besuch nicht wirklich attraktiv erscheinen.
Vor allem aber mussten viele Menschen in ihrer Arbeitszeit auf eine gute, angenehme Arbeitsatmosphäre verzichten. Belastende Tätigkeiten wurden durch die Pandemie und ihre Folgen noch einmal beschwerlicher. Pflegerinnen und Pfleger mussten mehr als viel leisten und auch jeder, der mit Kundenkontakt arbeitet, hatte und hat immer noch viel zu ertragen. Es scheint fast Hohn, wenn nun einige Bundesländer Regelungen erlassen, die diesen Menschen noch mehr Arbeitszeit abverlangen.
Wirkt vor diesem Hintergrund die Fastenzeit nicht deplatziert?
Doch Fastenzeit muss nicht nur Verzicht heißen. Sie könnte uns auch anhalten Rücksicht zu üben, selbst dann, wenn wir uns zurücknehmen müssen. Gerade in diesen Zeiten benötigen wir mehr Rücksichtnahme. Das bedeutet, dass wir dem Mitarbeiter im Supermarkt auch dann einen ruhigen Sonntag gönnen, wenn die Regale am Montagmorgen noch nicht ganz bestückt sind.
Sonntage sind keine Fastentage
Das heißt auch, dass wir uns daran erinnern sollen, warum es bis Ostern nur 40 Fastentage sind und nicht 49. Denn Sonntage sind niemals Fastentage. Es sind gerade diese Tage, an denen wir genießen, uns Zeit lassen können, zu uns selbst finden können. Ein ausgedehnter Spaziergang in der Natur, bei Wind und Wetter. Ein Besuch bei einer befreundeten Familie. Und natürlich kann man auch etwas Besonderes essen oder im Gegenteil mehr Zeit für Sport aufwenden. Das Besondere an diesen Tagen besteht darin, dass wir entscheiden können, wie wir sie genießen. Jeder Sonntag ist ein persönliches Geschenk, das wir teilen können, aber eben auch nicht teilen müssen. Es ist ein Tag, um raus zu gehen oder auch um sich zurückzuziehen.
Und wie eine Fastenzeit ohne Sonntage beschwerlich ist, so ist eine Gesellschaft ohne Pause, ohne Zeit für Muße, Glaube, Familie und Freunde grausam und zermürbend. Gerade die letzten Monate haben das gezeigt. Nicht nur in der Fastenzeit brauchen wir die Sonntage, sie sind für unsere Gesellschaft überlebenswichtig.
Dieser Genuss, diese Pause in einer beschwerlichen Zeit, bleibt auch in der Fastenzeit bestehen und wir sollten solidarisch dafür sorgen, dass möglichst jeder diese kleinen Oasen in der oftmals wüsten, anstrengenden Woche genießen darf.
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