DIHK präsentiert Umfrageergebnisse zur Zukunft der Innenstädte — und zieht falsche Schlüsse
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Alte Denke in neuen Schläuchen: Aktuelle DIHK-Studie sieht zeitliche “Anpassungen der Angebotsstrukturen” als Teil der Lösung gegen verödende Innenstädte
04.November 2021 — Die Gleichung “Innenstadt = Einkaufen” funktioniert nicht mehr: Unabhängig von Größe und Lage rechnen praktisch alle Standorte mit einem dauerhaften Verlust von durchschnittlich 13 bis 14 Prozent an Handelsbetrieben im Vergleich zur Situation vor der Pandemie, so das Fazit einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Die Studie bietet zahlreiche Empfehlungen - mit der Gleichung “Längere Öffnungszeiten = mehr Gewinn” ist die Studie aber auf dem Holzweg.
Welche Folgen hatte und hat die Corona-Pandemie für die Innenstädte in Deutschland? Eine Studie, die das Institut imakomm mit Unterstützung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), vieler Industrie- und Handelskammern (IHKs) und weiterer Verbände erstellt hat, liefert Zahlen – und Empfehlungen.
An der Online-Befragung “Zukunftsfeste Innenstädte: Zwischenbilanz und Strategien”, die jetzt vorgestellt wurde, beteiligten sich 750 Vertreterinnen und Vertreter von Kommunen und Wirtschaftsvereinigungen in ganz Deutschland.
Alternative Nutzungsformen statt Leer-Läden
So wird etwa die innerstädtische Leerstandsquote nach Einschätzung der Befragten von zuvor rund 10 Prozent in der Zeit “nach Corona” dauerhaft auf 14 bis 15 Prozent ansteigen. Tagsüber werden außerdem weniger Besucher in den Innenstädten erwartet; die Frequenz dürfte demnach um knapp 10 Prozent sinken. Um die Innenstädte zukunftsfest zu gestalten, bedürfe es neuer Instrumente, Strategien und Konzepte. Die effektivsten Maßnahmen, um die Gesamtattraktivität der Citys kurzfristig zu steigern, sehen die Umfrageteilnehmer in der Stärkung und Präsentation von regional produzierendem Gewerbe, im Erlebbarmachen von Alleinstellungsmerkmalen der Innenstadt, im Ausbau von Stellflächen für Fahrräder oder in der Ausweitung von Mikro-Events im öffentlichen Raum. Für mehr Leben in den Innenstädten könnte auch der freizeitorientierte Tourismus sorgen, da der Geschäftstourismus dagegen auf Dauer abgeschwächt zu bleiben scheint.
Sofortmaßnahmen konterkarieren Ziele
Wie löblich einige Argumente zur Belebung des öffentlichen Raumes sind — manche Ideen zur kurzfristigen Stabilisierung der Innenstädte widersprechen diesen. Hier ist die Abschaffung des Anlassbezugs bei Sonntagsöffnungen ganz oben genannt. Denn: der Anlassbezug ist grundgesetzlich geschützt, Sonntagsöffnungen zur Kompensation von Umsatzeinbußen sind — von Gerichten durchweg bestätigt — kein juristisch gleichwertiges Argument.
Und wie soll die gewünschte Stärkung und Präsentation regional produzierender Gewerbe aussehen, wenn doch meist nur Einzelhandelsketten sich die Personaldecke für zusätzliche Öffnungszeiten leisten kann? Sonntagsöffnungen fördern nicht die Vielfalt, sondern die Verdrängung im Einzelhandel. Sie sind Teil des Problems und nicht der Lösung.
Die Perspektive für eine “resiliente Innenstadtentwicklung und ‑gestaltung, für eine robuste, flexible und lernfähige City” ist unter diesem Blickpunkt zu bewerten.
Zum Weiterlesen:
Die Kernergebnisse der Studie: “Zukunftsfeste Innenstädte”
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