Foto: Der Journalistenrat
Sonntagsverkauf hätte Probleme nicht gelöst
Wirtschaftsverbände gehen neue Wege
Sonntagsallianz 18–04.2023 — Jahrelang hatten Lobbyvertreter des Handels, größere Handelsketten und auch Politiker verlangt, den Verkauf an Sonntagen freizugeben. Die aktuellen Entwicklungen zeigen jedoch, dass diese Forderung höchst kurzsichtig war und über die tatsächlichen Probleme hinwegtäuschen sollte.
“Wir müssen unsere Städte wieder zu Sehnsuchtsorten machen”, erklärt aktuell der Architekt und Stadtplaner Caspar Schmitz-Morkramer und bezeichnet Fußgängerzonen als “Monotonie von Handelsimmobilien”. Bemerkenswert ist, wo das Interview mit Schmitz-Morkramer erschien — ausgerechnet in der Hauszeitung der IHK Köln, die in ihrer aktuellen Ausgabe den sterbenden Innenstädten ihre Titelgeschichte widmet. Dabei hatte der Kölner wie auch der Handel andererorts immer wieder auf Sonntagsöffnungen gedrängt, um dem Handel aus der Patsche zu helfen. Doch die Patsche bleibt auch bei offenen Läden an Sonntagen ein Gewässer, das nur den klärenden Blick auf die eigentlichen Herausforfderungen trübt: Den sozialen Umbau der Stadt!
Bürger sollen sich ihre Städte zurückholen
“Städte verfügen über eine so wunderbar vielfältige Geschichte und Baukultur, über soziales, kulturelles, politisches und religiöses Erbe”,so Schmitz-Morkramer, das offenbar im Zuge der Debatte um Sonntagsverkauf nahezu verschütt gegangen war. Denn an Sonntagen und am Abend sind viele Innenstädte menschenleer. Wer möchte denn auch durch öde Einkaufszonen flanieren, die sich in den Innenstädten in den vergangenen Jahrzehnten ausgebreitet und andere Sozialaktivitäten, ja sogar das Wohnen verdrängt haben? Jetzt aber würden die Innenstädte als Orte des sozialen Austausches, für Amusement und Freizeit wiederentdeckt, betont Schmitz-Morkramer. Es sei ein Mix, der zwischen 7 und 24 Uhr Leben in die Innenstadt bringe.
Handel zieht um
Selbst die IHK sieht Leerstände mittlerweile als Chance: sie liege gerade in der Geschossigkeit und den durch den Internethandel freigewordenen Flächen. Während die Ladenlokale weiter als solche betrieben werden oder auch für andere Nutzungen geöffnet werden können, wie Kultur- und Repaircafés, Begenungs- und Beratungszentren oder Food-Sharing Läden wie in Bochum, können die oberen Geschosse für neue Wohnformen, Erlebnisgastronomie, Werkstätten und Standorte regionaler Produkte vermietet werden. Hier gibt es bereits hervorragende Beispiele vielerorten. In Rotterdam werden auf Dächern professionell Gemüse und Obst angebaut und “unten” vermarktet, verkauft oder verkocht — frischer geht es nicht. Auch Zürich schreibt ein von der Genossenschaft Kalkbreite initiierter Mix aus Kunst, Kultur, Leben und Arbeiten Stadtgeschichte.
Hauptgrund bleibt das Einkaufen — noch
Einer aktuellen Umfrage zufolge, kommen die meisten Besucher in die Innenstadt, um einzukaufen. An diesem Trend wird sich auch mittlebar nichts ändern. Statt die Forderung nach noch mehr Ladenöffnungszeiten gebetsmühlenartig zu wiederholen, sind die Händler gefragt, neue Konzepte zu entwickeln. Auch hier nennt der Artikel der IHK Köln “Erlebnis Innenstadt”, viele gute Beispiele.
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