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Der Monatsimpuls Mai

Ein doppelter Feiertag

von André Scheer, Gewerk­schafts­se­kretär, ver.di Handel

 

In diesem Jahr fällt der 1. Mai auf einen Sonntag. Ein doppelter Feiertag. Einer­seits der Tag der Arbeit, an dem die Beschäf­tigten und ihre Gewerk­schaften für bessere Arbeits- und Lebens­be­din­gungen auf die Straße gehen. Ande­rer­seits der Sonntag, vor mehr als 1700 Jahren für arbeits­frei erklärt und seither als solcher immer wieder umkämpft und verteidigt.

Wenn an einem solchen Tag die Stadt­ver­wal­tungen etwa im baden-würt­tem­ber­gi­schen Nagold oder anderen Gemeinden nichts besseres einfällt, als einen „verkaufs­of­fenen Sonntag“ anzu­setzen, dann beweist das nicht nur „ein Höchstmaß an mangelnder Sensi­bi­lität“ – wie es der ver.di-Bezirk Mittel­baden-Nord­schwarz­wald formu­liert – sondern ist schlicht eine Provokation.

Der 1. Mai wurde über Jahr­zehnte in teil­weise blutigen Ausein­an­der­set­zungen als arbeits­freier Tag erkämpft. Er ist der Tag der Menschen, die nichts anderes haben, als ihre Arbeits­kraft. Es ist der Tag, der nicht einem Elon Musk, Jeff Bezos oder Fried­rich Merz gehört, sondern Emma und Karl, Fatima und José. An einem solchen Tag die Beschäf­tigten zwingen zu wollen, für die Profite der Unter­nehmer am Arbeits­platz zu erscheinen, ist eine Frechheit.

Zumal, wenn er auch noch ein Sonntag ist. Seit Kaiser Konstantin in einem Edikt am 3. März 321 die Arbeits­ruhe am siebten Tag der Woche verfügte, gilt der Sonntag in unserem Kultur­kreis als Tag der Ruhe und Erho­lung. Er ist der Moment, an dem wir inne­halten können, Zeit für die Familie haben, viel­leicht in die Kirche gehen, einem Hobby nach­gehen oder Sport treiben können. Damit ist der Sonntag auch für Menschen wichtig, die keinen reli­giösen Bezug haben.

Schon 1871 forderten die deut­schen Weber nicht nur ein Verbot der Kinder­ar­beit und die Begren­zung des Arbeits­tages auf zehn Stunden, sondern auch die Abschaf­fung der Sonn­tags­ar­beit. Und August Bebel warnte bereits 1888: „Greift die Gesetz­ge­bung nicht ein und gebietet sie nicht der wilden Konkur­renz­jagd und dem Ausbeu­tungs­eifer der Unter­neh­mer­klassen ein Halt, so wird in kurzer Zeit auch der Sonntag als regel­mä­ßiger siebenter Arbeitstag in der Woche figu­rieren und die (…) Arbeiter in sieben Tag anstren­gender Arbeit nicht mehr verdienen als jetzt in sechs.“

Übri­gens: In mehreren euro­päi­schen Ländern – zum Beispiel in Groß­bri­tan­nien, Spanien und Polen – werden gesetz­liche Feier­tage, die auf einen Sonn­abend oder Sonntag fallen, am Anfang der folgenden Woche nach­ge­holt. Anstatt den freien Sonntag immer mehr zu schleifen, sollten wir darüber nach­denken, ob das nicht auch hier­zu­lande ein sinn­voller Weg wäre.

 

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