Foto: Pixabay, Gerd Altmann

Stellungnahme des Ev. Verbandes Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA)

 

Sonn­tags­al­lianz 31.08.2023 — Nahver­sor­gung vs. Sonn­tags­schutz?
Bei den kirch­li­chen Trägern der Sonn­tags­al­lianz ist in den letzten Wochen viel Kritik heran­ge­tragen worden. Es waren Stimmen, die sich aufgrund der Haltung der Landes­al­li­anzen im Einzugs­ge­biet der vorgeb­lich perso­nal­freien “Tante‑M”-Läden an die Kirche wandten — mit dem Vorwurf, drin­gend benö­tigte Nahver­sor­gung unter­binden zu wollen. Allen Menschen, die ihre Kritik und ihre Anfragen äußerten, wurde persön­lich geant­wortet. Hier aber möchten wir dazu im Folgenden die Stel­lung­nahme des evan­ge­li­schen Trägers der Bundes­al­lianz, KWA, veröf­fent­li­chen, der klar­stellt: Nahver­sor­gung: ja bitte, aber bitte rechtssicher!

Sie finden die Stel­lung­nahme zum Down­load hier.

 

Den Dorf­laden sichern – auch rechtlich

Eine Stel­lung­nahme des evan­ge­li­schen Verbandes Kirche-Wirt­schaft-Arbeits­welt (KWA)

In diesem Sommer ist eine heftige Debatte um die Errich­tung von Dorf­läden im länd­li­chen Raum entbrannt. Und heftig wurde diese Debatte vor allem deshalb, weil der Eindruck erweckt wurde, die Kirche habe als einer der Träger der Sonn­tags­al­li­anzen ein Problem mit den Dorf­läden und würde sich an ihnen stören.

Aktu­eller Anlass war eine Pres­se­mit­tei­lung der regio­nalen Sonn­tags­al­lianz in Baden-Würt­tem­berg zum Thema „Tante‑M“ – Nahver­sorg­un­gläden, in der die zustän­digen Landes­mi­nis­te­rien aufge­for­dert werden, Maßnahmen gegen die als rechts­widrig einge­schätzten Sonn­tags­öff­nungen dieser Läden zu ergreifen. Unter dem Namen „Tante‑M“ wurden in Baden-Würt­tem­berg Nahver­sor­gungs­läden eröffnet, die 365 Tage im Jahr von 5 bis 23 Uhr geöffnet sind. Davon exis­tieren in Baden-Würt­tem­berg aktuell ca. dreißig, weitere zwanzig sind in Planung. Es handelt sich offen­sicht­lich um Verkaufs­stellen i.S. des baden-würt­tem­ber­gi­schen Laden­öff­nungs­ge­setzes, die gene­rell an Sonn- und Feier­tagen geschlossen sein müssen. Es liegen nach Auffas­sung der regio­nalen Sonn­tags­al­lianz keine Voraus­set­zungen für eine Ausnah­me­ge­neh­mi­gung vor. Da die ange­schrie­benen Minis­te­rien seit Monaten keine Maßnahmen zur Been­di­gung der rechts­wid­rigen Sonn­tags­öff­nungen vorge­nommen hatten, wählte die Sonn­tags­al­lianz in Baden-Würt­tem­berg im Juli den Gang in die Öffentlichkeit.

 

Den evan­ge­li­sche Verband Kirche-Wirt­schaft-Arbeits­welt (KWA) als evan­ge­li­scher Träger der Allianz
für den freien Sonntag auf Bundes­ebene erreichten in den vergan­genen Wochen höchst verbit­terte und erboste Zuschriften, wie uner­hört es sei, dass Kirche sich den Dorf­läden in den Weg stelle.

Dabei ist genau das Gegen­teil richtig.

Der KWA unter­stützt ausdrück­lich alle Bemü­hungen, auch im länd­li­chen Raum die Nahver­sor­gung sicher­zu­stellen und dort, wo es derzeit keine kleinen Dorf­läden mehr gibt, dazu beizu­tragen, diese wieder neu zu errichten.

Genau aus diesem Grund plädiert der Verband wie auch die regio­nale Sonn­tags­al­lianz dafür, die Dorf­läden von Anfang an auf recht­lich sichere Füße zu stellen – von den ersten Ideen bis hin zur Eröff­nung und dann dem laufenden Betrieb.

 

Auch für die regio­nale Nahver­sor­gung gilt der Sonntagsschutz

 

Recht­lich sicher ist der Betrieb eines Geschäfts, wenn er alle geltenden recht­li­chen Regeln berück­sich­tigt. Das gilt beispiels­weise für den Brand­schutz wie für die Hygiene, und das gilt auch für den Sonntagsschutz.

Wenn der Brand­schutz oder die Bestim­mungen im Blick auf die Hygiene nicht beachtet werden, gibt es keine Betriebs­er­laubnis. Und es käme wohl niemand auf die Idee, zu über­legen, wie man Brand­schutz und Hygie­ne­vor­schriften inno­vativ aus dem Weg räumen könnte. Und wenn jemand an dieser Stelle nach­fragt, würde wahr­schein­lich niemand unter­stellen, man wolle den Laden verhin­dern. Und dasselbe sollte eigent­lich auch für Rück­fragen in Sachen Sonn­tags­schutz gelten. Es geht um den recht­lich abge­si­cherten Betrieb, nicht um das Verhin­dern der Dorfläden.

Und es ist doch klar:

 

Von Beginn an die recht­li­chen Regeln beachten spart Geld, denn nach­träg­liche Konzept­än­de­rungen sind teuer

 

Brand­schutz und Hygiene gibt es nicht umsonst. Und das gilt auch für den Sonntagsschutz.

Das kann unter Umständen bedeuten, dass ein Dorf­laden vor deut­lich größeren Heraus­for­de­rungen steht, als ein großer Markt, bei dem die Kosten zuver­läs­siger über den Umsatz wieder herein­kommen. Wie kann sich ein Dorf­laden rechnen und gleich­wohl alle geltenden Vorgaben beachten – nicht zuletzt die des Sonn­tags­schutzes und der Rege­lungen für die zuläs­sigen Ladenöffnungszeiten?

Die Antwort darauf erfor­dert die Mithilfe ganz unter­schied­li­cher Akteure, die zusammen ihre Kompe­tenzen einbringen, um dem Projekt Dorf­laden eine lang­fristig realis­ti­sche und rechts­si­chere Chance zu geben.

 

Die Welt ist ein Dorf und das Dorf ist Teil der Welt

 

Hier sind natür­lich zunächst die Menschen vor Ort gefragt, die Menschen in der Kommu­nal­po­litik und in den Verbänden, die in den Vereinen und natür­lich auch die in den Kirchen.

Für das lang­fris­tige Über­leben braucht es aber auch verant­wort­li­ches Handeln für Fragen wie:

Wer hilft, mit diesem Fokus auf die Möglich­keiten zu schauen, welche die Bundes- und die euro­päi­sche Ebene bieten, um heraus­zu­finden, was möglich ist und was nicht, was bisher über­sehen wurde oder was neu geschaffen werden kann?

Ein Dorf­laden steht nicht nur mitten im Ort, sondern auch mitten im Land, mitten in Europa und ange­sichts der Globa­li­sie­rung auch mitten auf einer welt­weiten Bühne – man mag es kaum glauben, aber so ist es nun einmal.

 

Angeb­lich perso­nal­freie Klein­läden sind keine recht­liche Möglich­keit, den Sonn­tags­schutz zu umgehen

 

Der Versuch, mit soge­nannten perso­nal­freien Klein­läden dem Sonn­tags­schutz gerecht zu werden, funk­tio­niert nicht. Denn recht­lich ist völlig klar die Laden­öff­nung an Sonn- und Feier­tagen unter­sagt – gleich­gültig, ob der Laden Personal einsetzt oder nicht.

Und faktisch laufen auch die angeb­lich perso­nal­freien Läden nur unter Einsatz von Personal.

Wer hilft nämlich, wenn am Sonntag der Scanner nicht funk­tio­niert oder es Probleme mit der Soft­ware zum Bezahlen gibt? Muss man dann bis Montag auf die Lösung warten? Und schaut an Sonn- und Feier­tagen tatsäch­lich niemand auf die Über­wa­chungs­ka­meras, wenn es da einen Warn­hin­weis gibt, dass mögli­cher­weise ein Laden­dieb unter­wegs ist? Es soll auch vorkommen, dass jemandem aus Versehen eine Milch­tüte aus der Hand fällt, die den Boden dann mit Milch über­schwemmt – wird da erst am Montag gesäu­bert? Und wer füllt das Regal auf, wenn am Sonntag schon kurz nach dem Öffnen das Regal mit den beson­ders leckeren Sachen leer­ge­kauft ist? Bleibt das dann leer und alle späteren Kunden schauen in die Röhre – wo doch das Verspre­chen war, hier ist alles auch am Sonntag verfügbar?

Offen­sicht­lich muss man also zumin­dest eine Bereit­schaft einrichten für solche und weitere Fälle. Eine Bereit­schaft, die am Sonntag arbeitet, obwohl eigent­lich alle Läden sonn­tags geschlossen bleiben müssen. Das ist eindeutig ein anderer Notdienst als der Instal­la­teur, der auch am Sonntag kommen muss, wenn ein Wasser­rohr gebro­chen ist. Wenn der Laden sonn­tags zu bleibt, braucht es auch den Notdienst nicht. Eigent­lich also eine klare Sache, warum auch scheinbar perso­nal­freie Läden sonn­tags geschlossen bleiben müssen.

 

 

 

 

 

     

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